Ich brau mir 150l Vorderwürzebier

Bier brauen auf konventionelle Art mit Maische ist zwar etwas aufwändiger, macht aber ebenfalls viel Spaß.
Hier erfolgt ein Erfahrungsaustausch zwischen Maischebrauern und denen, die es werden wollen.
hufpfleger

Re: Ich brau mir 150l Vorderwürzebier

Beitrag von hufpfleger »

So, der Samstag am Sonntag, ich Esel hab die Kamera liegenlassen :patsch:

Los geht's mit 120l Wasser (55°C) in den Maischebehälter einfüllen. Rechts oben im Bild sieht man eine kleine Steuerung, die die Temperatur und die Zeit der einzelnen Rasten automatisch steuert. Ist die programmiert und das Rührwerk läuft, kommt das Malz in dazu. Durch das "Rasten" in verschiedenen Temperaturstufen wird durch die beim Mälzen gebildeten Enzyme die Stärke in Zucker umgewandelt.
K640_maischen.JPG
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Sind alle Rasten durchlaufen, wird geläutert. Das heißt, die Treber werden auf einem "Sieb" zurückgehalten und die Würze kann ablaufen. Die Spelzen bilden hier die eigentliche Filterschicht. Die erste Würze ist noch trübe und wird solange zurück ins Läutergefäß geschüttet, bis sie ganz klar läuft.
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Ich habe mir das Video im letzten Beitrag angesehen, da sind eine Menge Fehler drin. Die 2 Verzuckerungsrasten, besonders die lange 2. Rast bei über 70°C bildet langkettige Zucker (Dextrine), die von der Hefe nicht verwertet werden können. Das Bier wird "pappsüß" mit wenig Alk. Dann das Auswringen des Trebers! Die mehlbestandteile will man nicht in der Würze haben, deshalb das aufwändige Läutern. Das gleiche Auswringen nach dem Hopfenkochen, jedes kleinste Hopfenteilchen sollte zurück bleiben und nicht in die Würze gelangen! Deshalb muß er auch die "abgestorbene Hefe" abschöpfen. Das sind Mehlbestandteile vom Treber und Hopfen. Man schöpft nur die Hopfenharze ab. Die Hefe schwimmt bei der Obergärung oben auf dem Bier.
.....und der Hinweis: ich nehme weniger Hefe, dann hat man später in der Flasche weniger Hefe! Hier können Fremdhefe sich prima "einnisten", bis die Reinzuchthefe sich gut vermehrt hat und die Gärung übernimmt.

Die klare Würze kommt dann wieder in die Sudpfanne und wird zum Kochen gebracht.
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Ca. 10min nach dem Würzebruch kommt der Hopfen dazu. Der Würzebruch, das sind Eiweiße, die zusammenkleben und als Flocken in der Würze zu sehen sind. Je länger der Hopfen gekocht wird, desto mehr Bitterstoffe gibt er ab. Leider verliert sich aber das Aroma, deshalb gibt man bei den hopfenbetonten Bieren wie z.B. Pils kurz vor Kochende noch einmal einen speziellen Aromahopfen dazu. Nach 90min Kochen läßt man die Würze eine Zeitlang stehen. Alle festen Bestandteile setzen sich dann ab und man hat eine ganz klare Würze.
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Hier kann man schon sehen, wie klar die Würze wird. Die Flocken ist der Würzebruch, die schweben noch ein wenig länger rum.
Die klare Würze wird dann von oben abgezogen, möglichst schnell abgekühlt und kommt in den Gärbehälter. Ist die Temperatur auf 20°C oder weniger gesunken, gibt man die Hefe dazu.
Jetzt heißt's abwarten und meiner "Lieblingsbeschäftigung" nachgehen, Putzen, waschen, spülen, aufräumen......... :motz:
hufpfleger

Re: Ich brau mir 150l Vorderwürzebier

Beitrag von hufpfleger »

.......und so sieht das Bier heute Morgen aus:
K640_gärung.JPG
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Nach 16std schon wunderschöne Schaumberge drauf :zustimm: Ich denke mal, bei der momentanen Temperatur ist die Gärung Dienstag/ Mittwoch durch und ich kann das Bier in den Drucktank umfüllen.
;) Jetzt beginnt erst die richtige Arbeit, die tägliche, sensorische Kontrolle des Bieres :pfeifend:
Die Hefe nehme ich dann für einen folgenden größeren Sud.
hufpfleger

Re: Ich brau mir 150l Vorderwürzebier

Beitrag von hufpfleger »

So, das Bier hatte heute noch 4,5% Stammwürze (Restzucker) und wurde heute in den Drucktank umgefüllt.
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Da bleibt es noch 2 Wochen bei normaler Raumtemperatur stehen und gärt noch weiter bis ca. 2- 2,5% Stawü runter. Die jetzt gebildete Kohlensäure löst sich zum großen Teil im Bier und sorgt später für eine schöne Schaumkrone. Das Bier sollte dann ca 5,5% Alkohol haben.

..... nach getaner Arbeit muß ich mich aber noch mit einem Bier aus Restbeständen begnügen
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Das ist der Grundstock für das nächste Bier, die geerntete Hefe
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Re: Ich brau mir 150l Vorderwürzebier

Beitrag von Novum64 »

Dieses Profiequipment macht mich fertig. :wirr:
Das hat mit Hobby nicht mehr viel zu tun, damit kann man ja eine Kleinstadt versorgen.

Aber eine Frage hätte ich da: Könnte man die Hefe auch zum Backen verwenden?
Herzliche Grüße aus dem Schwabenland

Martin

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Re: Ich brau mir 150l Vorderwürzebier

Beitrag von hufpfleger »

Novum64 hat geschrieben:Dieses Profiequipment macht mich fertig. :wirr:
Das hat mit Hobby nicht mehr viel zu tun, damit kann man ja eine Kleinstadt versorgen.

Aber eine Frage hätte ich da: Könnte man die Hefe auch zum Backen verwenden?
Hallo,

Das soll ja auch mal eine Gaststätte mit Brauerei werden, aber man baut ja zuerst mal das Wichtigste :zustimm:

Die Hefe könnte man bestimmt zum Backen nehmen, aber die scheint nicht soviel "Triebkraft" zu haben und ich habe das Gefühl, die schmeckt etwas bitter. Ich habe das beim Brotbacken mal probiert.

Allerdings, Bierhefe soll sehr gesund sein, früher wurden für die Bergbauern mal "Gesundheitsbrote" mit viel Bierhefe gebacken und vom Land verteilt, da die Bauern alles Gute vom Bauernhof verkauften um zu überleben und selbst an Mangelernährung litten.
Heute sind leider fast alle Biere sterilisiert, da muß man halt sein eigenes naturtrübe Bier brauen!
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Re: Ich brau mir 150l Vorderwürzebier

Beitrag von Novum64 »

hufpfleger hat geschrieben: Heute sind leider fast alle Biere sterilisiert, da muß man halt sein eigenes naturtrübe Bier brauen!
Na dann wird mir alles klar! :gut: :gut: :gut:

Sterilisiertes Bier? Sterilisieren bedeutet doch Erhitzung auf über ~120°C.
Dass klares Bier gefiltert wird ist mir klar, aber was ist mit dem so beliebten Hefeweizen - ist die Hefe etwa tot?
Herzliche Grüße aus dem Schwabenland

Martin

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hufpfleger

Re: Ich brau mir 150l Vorderwürzebier

Beitrag von hufpfleger »

Hallo,

in Hobbybrauerkreisen wird öfter mal Hefe aus naturtrüben Bieren aufgepäppelt und zur Gärung verwendet. Das funktioniert aber nur bei wenigen Bieren, meist aus kleineren Brauereien. In vielen Bieren ist die Hefe mausetot :weinen:
Achte mal auf die Haltbarkeit. Biere mit langer Haltbarkeit sind sterilisiert.

Ich habe aber auch mal einen Beutel Sauerteig gekauft und wollte den für mehrere Brote "vermehren". Der war genauso mausetot! Deshalb mußte man lt. Beschreibung wohl auch Hefe zufügen. Den mach ich jetzt auch selbst.
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Re: Ich brau mir 150l Vorderwürzebier

Beitrag von Novum64 »

Danke, wieder was gelernt.
Herzliche Grüße aus dem Schwabenland

Martin

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Re: Ich brau mir 150l Vorderwürzebier

Beitrag von hufpfleger »

Das erste Probierbier :sabbern:
K640_bier1.JPG
K640_bier1.JPG (64.4 KiB) 10657 mal betrachtet
Noch ein wenig bitter und sehr hefig, aber das gibt sich mit der Reifung. Laut letzter Messung müßte es 5,5% Alk. haben. In ein paar Tagen werde ich mal 100ml destillieren, dann kann ich den Alkoholgehalt genau messen.
Bis dahin, die tägliche sensorische Kontrolle :pfeifend:
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Re: Ich brau mir 150l Vorderwürzebier

Beitrag von drea1968 »

hufpfleger hat geschrieben:Hallo,

in Hobbybrauerkreisen wird öfter mal Hefe aus naturtrüben Bieren aufgepäppelt und zur Gärung verwendet. Das funktioniert aber nur bei wenigen Bieren, meist aus kleineren Brauereien. In vielen Bieren ist die Hefe mausetot :weinen:
Achte mal auf die Haltbarkeit. Biere mit langer Haltbarkeit sind sterilisiert.

Ich habe aber auch mal einen Beutel Sauerteig gekauft und wollte den für mehrere Brote "vermehren". Der war genauso mausetot! Deshalb mußte man lt. Beschreibung wohl auch Hefe zufügen. Den mach ich jetzt auch selbst.
Sehr interessant... :danke:
Dann ist das gute (teure) Gutmann-Weizen, dass hier alle trinken, nicht sterilisiert, denn das hat eine kurze Haltbarkeit, sowohl vom Stempel, als auch von der Haltbarkeit halt.... :pfeifend: :pfeifend:
Wenn ihr versteht, was ich meine.... :rofl: :rofl:
Liebe Grüße Andrea
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