Schwaden und Streichen

Aufheizvorgänge, Abkühlen, Backzeiten und Co.
googlehupf

Schwaden und Streichen

Beitrag von googlehupf »

Schwaden und Streichen

Möchte hier mal ein Thema vorbringen, das zwar manchmal erwähnt wird, aber bisher nicht ausführlich behandelt wurde:
das Streichen und Schwaden (oder ich hab's verpasst)

Vielleicht könnt Ihr Eure Erfahrungen dazu schreiben.

Mein Bauernbrot streiche ich vor dem Einschießen mit lauwarmem Wasser in dem ich etwas Zucker aufgelöst habe.
Der Zucker karamelisiert beim Backen und wird braun. Die Brote sind zwar schön braun, aber ich hätte gerne noch zusätzlich eine krosse Kruste.
Das klappt nicht immer.
Ich stelle eine Schüssel mit etwas Wasser zu den Broten in den Ofen, aber das ist nicht ideal.

Wann und wie schwadet Ihr?
Habt Ihr noch Tipps zum Streichen?
Hardy

Re: Schwaden und Streichen

Beitrag von Hardy »

Moin,

ich bin zwar kein Steinofenbäcker (noch nicht) backe bisher nur im EBO

Dort schwade ich am Liebsten mit einer großen Tasse Wasser direkt auf das heiße Backblech. Das gibt zwar eine Riesensaurei und Ärger mit der Chefin (der neue Ofen sieht sofort gut gebraucht aus), aber es funktioniert so am Besten. Das Schwaden passiert mit dem Einschießen des Brotes. Die Schwade wird dann nach der empfohlenen Zeit wieder abgelassen.

Beim Streichen gefällt mir nicht, daß ich das Mehl verschmiere. (Ich liebe Mehl auf Kruste). Außerdem habe ich das Gefühl das Brot wird außen glatter durchs Abstreichen. Hier ein Beispiel, zwar etwas Braun geworden, aber selbstgemacht. Es war mein 1. selbstgebackenes Brot (der im Forum bekannte Seal):
SDC10924.jpeg
SDC10924.jpeg (205.47 KiB) 8743 mal betrachtet
Lieber sind mir dann doch die schönen Krusten, die ich beim Schwaden mit der Wassertasse bekomme. Dann noch ordentlich Mehl anhaftend, das ist mein Ding. Es muß krachen und stauben beim reinbeissen.

Hier ein Beispiel:
SDC12356.jpeg
SDC12356.jpeg (170.24 KiB) 8743 mal betrachtet
Aber dazu haben die Profis bestimmt noch Anmerkungen

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Steinbackofen
Da habe ich bisher nur zugeschaut bei uns im Norden am öffentlichen Backhäusschen. Wenn der Ofen seine Hitze erreicht hat, das sieht der Profi an den weißen Steinen im Innenraum und zur Orientierung sicher auch am Thermometer. Nun wird ausgeräumt. D.h. alles Holz-Asche-Dreck wird rausgekratzt. Damit die Backfläche sauber wird und auch eine ordentliche Schwade entsteht wird dann mit einem nassen Lappen an einer Stange der Boden abgewischt.
Die Schwade ensteht sofort und steht oben im Backraum.
Es wird dann sofort eingeschossen.

Soweit habe ich das gesehen und das Brot was dort gebacken wurde war zwar was dunkel (die Steine wohl zu weiß-- hähä) aber sehr gut.

Hoffe das hilft.
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Ottis Eicher
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Re: Schwaden und Streichen

Beitrag von Ottis Eicher »

Hallo,

direkt nach dem einschießen gebe ich re/li je ein halbes Glas Wasser
in den Ofen und das ergibt im Normalfall eine schöne Kruste.
Gruß aus dem Sauerland

Ottis Eicher
Diavolo

Re: Schwaden und Streichen

Beitrag von Diavolo »

Hallo,

ich habe da so eine alte Gußpfanne (ohne Griff, der ist schon ab), die stelle ich direkt nach dem Ausräumen in den SBO.
Dann warte ich, bis die richtige Temperatur fürs Brot erreicht ist, ggfs. tue ich mehrmals zwischendurch aushudeln, wenns mir zu lange dauert.
Direkt nach dem Einschießen der Brote schütte ich ein Glas Wasser (so 200 ml) in die - inzwischen sauheiße - Gußpfanne.
Dadurch entsteht sofort eine Menge Dampf. Dann so schnell wie möglich die Tür zum Backofen schließen.
Klappt (zumindest bei mir) prima.

der Diavolo
googlehupf

Re: Schwaden und Streichen

Beitrag von googlehupf »

Hallo Diavolo, hallo Otti,

ich werde das am nächsten Backtag versuchen.
Wenn ich eine Metallschüssel mit 1 cm Wasser hoch auf die Backfläche stelle, dann ist nach einer Stunde Backzeit immer noch Wasser da.

Werde das mit der heißen Pfanne probieren (gibt halt ein Brot weniger)

Habe übrigens mal eine Tasse Wasser in den heißen Ofen geschüttet und mir fast das Gesicht verbrüht.
Ganz ohne ist das nicht!
Diavolo

Re: Schwaden und Streichen

Beitrag von Diavolo »

Hallo googlehupf,

hier ist das "Gerät", das ich immer zum Schwaden verwende:
20121108SchwadenProduzent.JPG
20121108SchwadenProduzent.JPG (161.77 KiB) 8655 mal betrachtet
Dass dadurch ein Brot weniger Platz hat, ist natürlich ein Nachteil. Mich hats noch nie gestört, da
ich bisher immer nur max. 6 Brote gebacken habe, und somit noch reichlich Platz war.
Wenn Du die maximale Kapazität des Backofen nutzen willst / musst, ist vielleicht so ein Wassersprüher
(den man normalerweise zum Pflanzen besprühen verwendet) auch eine gute Idee, aber da hab ich keine Erfahrungswerte.
An Wassermenge verwende ich für die Pfanne so ca. 1 Glas (200 ml) Wasser, das ist gleich nach dem Reinschütten
auch schon wieder "verschwunden".
Ich habe auch schon die Erfahrung gemacht, dass wenn ich einen halben Liter reinschütte, nach einer Stunde immer noch
Wasser in der Pfanne vor sich hinköchelt...

Es grüßt

der Diavolo
Holli

Re: Schwaden und Streichen

Beitrag von Holli »

Hallo Männers,

vielleicht ist es ganz hilfreich zu klären warum man Schwaden gibt, was der Schwaden so bewirkt und warum man ihn wieder loswerden muss.

Schwaden gibt man sofort beim Einschießen der Brote. Hier muss jeder Hobbybäcker schauen, wie er mit seinen gegebenen Umständen Wasserdampf in seinem Ofen erzeugen kann.
Der Schwaden soll ca. 2 Minuten im Backraum gehalten werden.
In dieser Zeit kondensiert der heiße Wasserdampf auf den kühleren Broten.
Durch die Feuchtigkeit auf den Broten wird die Backofenhitze direkt auf die Brote übertragen.

(Vergleich: man benutzt ein feuchtes Tuch um ein heißes Backblech anzufassen= verbrannte Finger.
Trockenes Tuch, keine Wärmeübertragung.)

Durch diese direkt auf den Teigling wirkende Hitze, dehnen sich die Gärgase im Teigling explosionsartig aus. Das ist der Ofentrieb.
Nebenbei feuchtet der Schwaden die Brotoberfläche an und macht sie so elastisch.
Die Brotoberfläche kann mit dem Ofentrieb mitgehen und reißt nicht unkontrolliert auf.

(Vergleich: ohne Schwaden geschobene Brote reißen gerne am Boden auf, weil dort die Feuchtigkeit länger erhalten bleibt als an der Brotoberseite. Die sich ausdehnenden Gärgase nehmen den Weg des geringsten Widerstandes und reißen das Brot an der weichsten Stelle auf.)

Durch die Schwadengabe bildet sich ein schöner Ausbund, das ist die aufgerissene Stelle am Brot,
die durch Einschnitte im Teigling gesteuert werden kann.
Dann ist der Schwaden noch für einen gewissen Glanz auf unbemehlten Broten zuständig.

Nach 2 bis 3 Minuten hat der Schwaden seinen Job getan. Wir brauchen ihn nicht länger und er kann abgelassen werden.
Bei mir geht das von allein, weil der Schwaden durch die undichte Tür vom EBO von allein verschwindet.
Bleibt der Schwaden noch längere Zeit im Ofen, kann sich die Teigoberfläche nicht verfestigen.
Die im Teigling weiterhin produzierten Gärgase lassen das Brot weiter aufreißen.
Die Brote gehen mehr in die Breite als in die Höhe. Das ist besonders bei roggenlastigen Broten so.
Wassergefäße für die gesamte Backzeit in den Backofen gestellt, schaden also mehr als sie nützen. Am Anfang der Backzeit geben sie nicht genug Schwaden ab und später wird kein Dampf mehr gebraucht.
Das wär das, was mir gerade so zum Schwaden einfällt.
Geschrieben mit verbundener Tatze und Einfinger-Suchsystem.
hobbywurster

Re: Schwaden und Streichen

Beitrag von hobbywurster »

Holli hat geschrieben:Hallo Männers,

vielleicht ist es ganz hilfreich zu klären warum man Schwaden gibt, was der Schwaden so bewirkt und warum man ihn wieder loswerden muss.

Schwaden gibt man sofort beim Einschießen der Brote. Hier muss jeder Hobbybäcker schauen, wie er mit seinen gegebenen Umständen Wasserdampf in seinem Ofen erzeugen kann.
Der Schwaden soll ca. 2 Minuten im Backraum gehalten werden.
In dieser Zeit kondensiert der heiße Wasserdampf auf den kühleren Broten.
Durch die Feuchtigkeit auf den Broten wird die Backofenhitze direkt auf die Brote übertragen.

(Vergleich: man benutzt ein feuchtes Tuch um ein heißes Backblech anzufassen= verbrannte Finger.
Trockenes Tuch, keine Wärmeübertragung.)

Durch diese direkt auf den Teigling wirkende Hitze, dehnen sich die Gärgase im Teigling explosionsartig aus. Das ist der Ofentrieb.
Nebenbei feuchtet der Schwaden die Brotoberfläche an und macht sie so elastisch.
Die Brotoberfläche kann mit dem Ofentrieb mitgehen und reißt nicht unkontrolliert auf.

(Vergleich: ohne Schwaden geschobene Brote reißen gerne am Boden auf, weil dort die Feuchtigkeit länger erhalten bleibt als an der Brotoberseite. Die sich ausdehnenden Gärgase nehmen den Weg des geringsten Widerstandes und reißen das Brot an der weichsten Stelle auf.)

Durch die Schwadengabe bildet sich ein schöner Ausbund, das ist die aufgerissene Stelle am Brot,
die durch Einschnitte im Teigling gesteuert werden kann.
Dann ist der Schwaden noch für einen gewissen Glanz auf unbemehlten Broten zuständig.

Nach 2 bis 3 Minuten hat der Schwaden seinen Job getan. Wir brauchen ihn nicht länger und er kann abgelassen werden.
Bei mir geht das von allein, weil der Schwaden durch die undichte Tür vom EBO von allein verschwindet.
Bleibt der Schwaden noch längere Zeit im Ofen, kann sich die Teigoberfläche nicht verfestigen.
Die im Teigling weiterhin produzierten Gärgase lassen das Brot weiter aufreißen.
Die Brote gehen mehr in die Breite als in die Höhe. Das ist besonders bei roggenlastigen Broten so.
Wassergefäße für die gesamte Backzeit in den Backofen gestellt, schaden also mehr als sie nützen. Am Anfang der Backzeit geben sie nicht genug Schwaden ab und später wird kein Dampf mehr gebraucht.
Das wär das, was mir gerade so zum Schwaden einfällt.
Geschrieben mit verbundener Tatze und Einfinger-Suchsystem.



Für die fachlich vorgetragene Info gibt es von mir 20 Punkte.... :respekt: :danke:


Für die mühevolle Tastatur- Turnstunde gibt es einfach nur :applaus: :applaus: :applaus:


:erledigt: :stamm: :undwech:






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Bernd
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Re: Schwaden und Streichen

Beitrag von Bernd »

Hallo Holli,

danke fur Deine super Beschreibung.

Und gute Besserung :karbolmausi:

Gruß Bernd
Wer den Bäcker kennt, braucht vor dem Essen nicht zu beten
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Ottis Eicher
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Re: Schwaden und Streichen

Beitrag von Ottis Eicher »

Hallo Holli,

das ist eine tolle Beschreibung! Danke für diese
Ausführungen!
Gruß aus dem Sauerland

Ottis Eicher
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